Wasserkunst in Skizzen | Ein Projekt von Esra Sahin
Im September 2011 wurde die Wasserkunst eröffnet. Im Zuge des 10-jährigen Jubiläums im Jahr 2021 gab es verschiedene Aktionen und besondere Programme.
Ein Projekt wurde von der damaligen FÖJlerin (Freiwilliges Ökologisches Jahr), Esra Sahin, entwickelt. Dabei hat Esra Sahin wichtige geschichtliche und sonstige Ereignisse, die Kaltehofe betreffen, skizzenhaft dargestellt. Dieses Projekt dient dazu, noch einmal an vergangene und aktuelle Ereignisse zu erinnern und die spannende Geschichte der Elbinsel darzustellen, die sich bis heute fortsetzt.
Die Skizzen sind urheberrechtlich geschützt und dürfen nur nach Rücksprache genutzt werden.
Für alle Skizzen gilt: © Esra Sahin
In der Nacht vom 16. zum 17. Februar erreichte eine Sturmflut Hamburg, die als zerstörerische Katastrophe in die Geschichte der Stadt einging. Insgesamt starben in Hamburg 315 Menschen, weitere 20.000 mussten evakuiert werden, da ein Sechstel des damaligen Stadtgebietes überschwemmt wurde. 6.000 Gebäude wurden zerstört. Bei der Rettung der Menschen gab es zunächst Schwierigkeiten, man war sich nicht sicher, wie mit der Situation umgegangen werden sollte. Erste Rettungsmaßnahmen waren nur durch Boote oder Hubschrauber möglich. Es wurde versucht eingeschlossene Menschen zu retten oder mit Essen zu versorgen, Opfer zu bergen, Seuchenausbrüche zu verhindern und provisorisch wieder Verbindung mit dem Hamburger Süden herzustellen.
Das offizielle Ende des Katastropheneinsatzes war am 10. März 1962. Bereits am 26. Februar gab es auf dem Rathausmarkt eine Trauerfeier zum Gedenken an die Opfer. Die Verstorbenen waren zumeist im Schlaf von der Sturmflut überrascht worden und die Katastrophe wurde zunächst als unvorhersehbarer Schicksalsschlag dargestellt. Versäumnisse in Wartung und Ausbau der Deiche wurden nicht erwähnt, obwohl diese der Grund waren, warum so viele Deiche in der Nacht der Sturmflut brachen.
Auch das Wasserwerk Kaltehofe wurde überschwemmt, die Versorgung aus dem Werk musste eingestellt werden. Ab dem 26. Februar 1962 konnte ein Teilbetrieb wieder geleistet werden.
Skizze: © Esra Sahin
Was passiert, wenn es kein Wasser (mehr) gibt? Im zweiten Teil des Projekts „Wasserkunst in Skizzen“ geht es um den Weltwassertag 2021.
Wie in der Skizze zu sehen ist, ist Wasser entscheidend für das Gelände der Wasserkunst. Zum Glück sieht es auf Kaltehofe aus wie auf der linken Seite, nicht wie auf der rechten. Doch in vielen Gebieten gibt es immer weniger Wasser oder es ist nicht frei verfügbar. Deswegen findet seit 1993 jedes Jahr am 22. März der Weltwassertag statt. Der Zweck dieses Tages liegt darin, die UN-Mitgliedsstaaten an die gesetzten Ziele in Sachen Wasserversorgung zu erinnern und konkrete Aktionen zu ermutigen. Auch die Aufmerksamkeit der Bevölkerung soll auf diese Ziele gerichtet werden. Dieses Jahr lautet das Motto des Weltwassertags „Wert des Wassers“.
Um Wasser wirklich zu würdigen, müssen wir uns in Erinnerung rufen, dass 97 % allen Wassers auf der Erde Salzwasser ist. Nur 0,3 % des weltweiten Wasservorkommens ist als Trinkwasser nutzbar. In Deutschland haben wir zum Glück Zugang zu diesem, doch auf der Welt gibt es über 2,1 Milliarden Menschen, die keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Wasser haben. Besonders stark zeigt sich dieses Problem in Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika. Durch die fehlende Versorgung mit sauberem Trinkwasser verbreiten sich eigentlich vermeidbare Krankheiten. Jährlich sterben über 500 Millionen Menschen an durch unsauberes Trinkwasser verursachte Krankheiten.
Doch obwohl Wasser so wichtig ist, steigt die Wasserknappheit immer weiter an. Dies liegt unter anderem an einer Übernutzung der Wasserressourcen, an dem Bevölkerungswachstum, der globalen Erwärmung und der Wasserverschmutzung. Daher sollten wir uns immer wieder bewusst machen, dass sauberes Trinkwasser keine Selbstverständlichkeit ist und sorgsam mit unserer wichtigsten Ressource umgehen.
In den Führungen und Programmen informiert die Stiftung Wasserkunst Elbinsel Kaltehofe genau zu diesen Themen. Die Stärkung des Bewusstseins für die Bedeutung der Trinkwasserversorgung ist wichtiger Teil des Stiftungszwecks.
Skizze: © Esra Sahin
Der Große Brand 1842 änderte das Stadtbild Hamburgs grundlegend. Der dritte Teil der Serie „Wasserkunst in Skizzen“ behandelt die stadthistorische Katastrophe und ihre Folgen.
Am 05. Mai 1842 brach gegen ein Uhr nachts in der Deichstraße am Nikolaifleet ein Feuer aus. Trotz eines schnellen Eintreffens der damaligen Feuerwehr konnte eine Ausbreitung nicht mehr verhindert werden. Verschlimmert wurde die Situation durch die mangelhafte Versorgung mit Löschwasser, einer vorangegangene Trockenheit und anhaltende Winde, die dafür sorgten, dass das Feuer schneller um sich griff. Erst nach der Zerstörung eines Großteils des Nikolaiviertels, wurde die Sprengung des alten Rathauses genehmigt, um das Fortschreiten des Feuers zu verhindern. Aber Sprengungen konnten die Katastrophe nicht mehr aufhalten. In dem Brand, der bis zum 08. Mai 1842 andauerte, wurde ein Viertel des damaligen Stadtgebietes verwüstet. Es gab 51 Tote, ca. 20.000 Obdachlose, zerstört wurden ungefähr 1.700 Häuser, 102 Speicher, drei Kirchen, das Rathaus, die Bank und das Archiv.
Nach dieser Zerstörung beschloss man die Gelegenheit zu nutzen, um das innere Stadtbild beim Wiederaufbau neu zu gestalten und die Infrastruktur zu modernisieren. Die Planungen begannen unter der Leitung von William Lindley bereits im Mai 1842.
Die mangelnde Versorgung mit Löschwasser lag daran, dass die für die Wasserversorgung zuständigen Wasserkünste an Alster und Elbe viel zu wenig Feuerhydranten betrieben. Durch diesen Vorfall auf die Schwächen der Wasserversorgung aufmerksam gemacht, wurde Lindley mit dem Entwurf einer zentralen städtischen „Stadtwasserkunst“ beauftragt. Der Standort für die neue Wasserkunst war ein Gelände an der Billwerder Bucht. Im Jahr 1848 wurde der Bau nach vierjähriger Arbeit beendet. Das Elbwasser wurde zuerst in Auffangbecken gelagert und nach 24 Stunden in den heute noch erhaltenen, markanten Wasserturm in Rothenburgsort weiterbefördert. Von da aus wurde es durch ein Fallrohr in das Leitungssystem gegeben und in der ganzen Stadt verteilt.
Skizze: © Esra Sahin
Genau wie in der heutigen Zeit hatte Hamburg im Laufe seiner Existenz immer wieder mit der Ausbreitung von Krankheiten, Epidemien und Pandemien umzugehen. Im Innenhof des Rathauses erinnert heute der markante Brunnen mit Hygieia, der Göttin der Gesundheit, an eine dieser Katastrophen.
Diese kam in Gestalt einer Epidemie im Jahr 1892 und war der letzte große Ausbruch der Cholera in Deutschland. Am 14. August wurde der erste Erkrankte ins Krankenhaus eingeliefert und starb kurz darauf. Es folgten weitere Todesfälle, der Senat verheimlichte die Lage aber zunächst aus Angst vor wirtschaftlichem Schaden. Doch die Situation eskalierte weiter. Am 22. August waren es bereits über 1.100 Erkrankte und 455 Tote. Inzwischen war es nicht mehr möglich, die Lage zu verheimlichen und Berlin war in Kenntnis gesetzt worden. Am 24. August traf Robert Koch in Hamburg ein. Daraufhin wurden Versammlungen verboten, Schulen geschlossen und eine Wasserversorgung durch abgekochtes Wasser aus Fasswagen und Tiefbrunnen eingerichtet. Denn zu dieser Zeit gab es für die Hamburger Wasserversorgung noch keine Filteranlage, das Wasser wurde direkt aus dem Fluss in die Leitungen gegeben. Dies verstärkte nur die Ausbreitung der Cholera. Man konnte beobachten wie Altona, das damals zu Preußen gehörte und eine eigene Wasserversorgung mit Filteranlage hatte, deutlich weniger Cholerafälle aufwies. Die Situation führte zu einer Beschleunigung des Baues der Filteranlage auf Kaltehofe, die nun in Rekordzeit fertiggestellt wurde.
Die Lage beruhigte sich nach zehn Wochen langsam wieder und die Anzahl der Neuerkrankungen nahm ab. Insgesamt gab es fast 17.000 Erkrankte und über 8.000 Tote. Das Hygienische Institut wurde gegründet, um das Trinkwasser in Zukunft zu kontrollieren und solche Katastrophen zu verhindern. Eine Außenstelle des Instituts befand sich in der Villa auf Kaltehofe.
An diesen geschichtlichen Abschnitt, die Funktionen des hygienischen Instituts und auch die Geschichte des Hygieia-Brunnens wird heute noch in unseren Führungen erinnert.
Skizze: © Esra Sahin
Zum Tag der offenen Tür am 10. Geburtstag der Wasserkunst öffnen wir den neuen Ausstellungs- und Informationsraum, das „Alte Labor“. In dem Raum war früher ein Labor der Außenstelle des Hygienischen Instituts untergebracht. Im vorletzten Teil des Projekts von Esra Sahin, unserer FÖJlerin aus dem Jahrgang 2020/2021, geht es um das Institut:
Heute ist Kaltehofe nicht mehr als Filtrationsanlage in Betrieb. Doch als es noch so war, musste natürlich die Qualität des Wassers garantiert werden. Dafür zuständig war damals das Hygienische Institut.
Das Institut wurde am 28. Dezember 1892 als eine direkte Folge der Choleraepidemie des Jahres gegründet. Um das Wasser zu untersuchen, wurde in der Zeit der Epidemie von dem Hygieniker Georg Gaffky und seinem Assistent William Philipps Dunbar ein erstes Untersuchungslabor eingerichtet. Später entstand das Hygienische Institut, dessen Aufgabenbereiche zu diesem Zeitpunkt u.a. die Wasser-, Luft-, Boden-, Schul- und Fabrikhygiene sowie die Aus- und Weiterbildung der Nahrungsmittelpolizei waren. Dunbar wurde der erste Direktor des Instituts. Zwei Jahre später veranlasste er den Bau einer Außenstelle auf der Elbinsel Kaltehofe, um die Trinkwasserversorgung von dort aus zu kontrollieren. Der Bau des Gebäudes, das heute Villa genannt wird, wurde von Franz Andreas Meyer koordiniert. Im fertigen Gebäude waren insgesamt vier Labore, ein chemisches und ein bakteriologisches sowie eine Spülküche im Erdgeschoss, außerdem zwei weitere im Keller. Im Rest des Gebäudes waren Wohnungen für Angestellte, die konstant auf Kaltehofe blieben. Dies war notwendig für die ständige Untersuchung von Wasserproben.
Um diese Untersuchungen an verschiedenen Orten durchführen zu können, stand eine Barkasse zur Verfügung, deren Anleger gegenüber der Villa an der Norderelbe lag. In dieser konnten, dank eines vorhandenen Labors und Kühlschranks, Proben sofort analysiert werden.
Das Hygienische Institut existiert heute noch, wurde allerdings nach mehreren Umstrukturierungen in Institut für Hygiene und Umwelt umbenannt. Es beschäftigt weiterhin mit ähnlichen Aufgaben, wie der amtlichen Untersuchung und Begutachtung von Lebens- und Futtermitteln, Städte- und Krankenhaushygiene, human- und veterinärmedizinische Diagnostik sowie Umweltanalytik und Umweltüberwachung – wenn auch nicht mehr auf Kaltehofe.
Vor Ort auf Kaltehofe wird in unserem neu eingerichteten „Alten Labor“ weiter an diesen Teil der Geschichte erinnert. Bei uns kann man nicht nur Labormaterialien, wie oben abgebildet, finden, sondern noch vieles mehr über die Geschichte dieses Ortes lernen.
Skizze: © Esra Sahin
Heute ist die Wasserkunst ein Ort, der Menschen und Natur zusammenbringt. Doch wie wurde aus der Filtrationsanlage überhaupt ein Renaturierungsgebiet? Dieser Prozess begann mit der Schließung Kaltehofes.
1990 wurde die Anlage auf Kaltehofe endgültig aus dem Wasserversorgungsnetz Hamburgs genommen. Unklar war, was mit dem Gelände passieren soll. 1993 wurde ein Plan angekündigt, der beinhaltete, das Gelände mit Wohnungen, Büros, Läden und Restaurants zu bebauen, doch das Denkmalschutzamt legte Einspruch ein. Ein Jahr später beendete eine Machbarkeitsstudie, die Schwermetall- und Immissionsbelastungen in Boden und Luft feststellte, jeden Gedanken an eine dauerhafte Bewohnung.
Danach wurde es still um die ehemalige Filtrationsanlage. Der Zugang war verboten, außerhalb des Zaunes gingen die Diskussionen um die Zukunft Kaltehofes weiter. Während draußen diskutiert wurde, zögerte die Natur nicht lange und nahm die Insel wieder für sich ein. Die Filterbecken boten Wasservögeln und Amphibien einen sicheren Lebensraum und auch der Rest des Geländes wurde wieder bewachsen. Erst 2004 wurde ein Agenda-21-Prozess eingeleitet, in dem Vertreter*innen von Umwelt, Politik und Wirtschaft sowie Bewohner*innen von Rothenburgsort sich darauf zu einigen versuchten, was nun mit dem Gelände geschehen sollte. Schließlich wurde ein Konzept beschlossen, in dem ein Großteil des Geländes weiter der Natur zur Verfügung steht. Nur ein Viertel der Insel sollte für Menschen zugänglich werden – als Erholungsort, Industriedenkmal und mit Café.
Am 18. September 2011 eröffnete schließlich die Wasserkunst Elbinsel Kaltehofe. Seitdem hat sich das Angebot immer wieder verändert und erweitert. Die Stiftung Wasserkunst Elbinsel Kaltehofe sichert den Zugang zum Industriedenkmal und bietet ein umfangreiches Programm rund um die Themen Wasserversorgung und Naturschutz an.
Im Gebiet außerhalb des Zauns ist die Natur meistens sich selbst überlassen. Bis zu 281 Pflanzenarten sind dort zu finden, außerdem zahlreiche Tierarten, wie Fuchs, Reh, Hermelin sowie sieben verschiedene Fledermausarten, die in den Schieberhäuschen Unterschlupf finden. In der Brutzeit kommen bis zu 44 Vogelarten auf das Gelände, die man sowohl in einer Führung als auch bei einem Privatbesuch zu unserer Vogelplattform beobachten kann.
In diesem Jahr feiert die Wasserkunst ihr 10-jähriges Bestehen. Dieses Projekt von Esra Sahin ist ein Teil davon.
Skizze: © Esra Sahin